Stellten die Umsetzung des Teilhabechancengesetztes vor: Andreas Standop (v.l.), Geschäftsführer Jobcenter Gifhorn, Landrat Dr. Andreas Ebel, Dr. Jens Rannenberg, Vorstand der Dachstiftung Diakonie, Jens Severitt, Geschäftsführer der Diakonischen Betriebe, und Kreisrat Rolf Amelsberg.

Die Umsetzung des Teilhabechancengesetzes im Landkreis Gifhorn

veröffentlicht: am 13.11.2019     Presseinformation

Im Landkreis Gifhorn beziehen derzeit 2.326 Menschen Arbeitslosengeld II und sind arbeitslos gemeldet. Circa 650 von Ihnen bekommen bereits seit über sechs Jahren Leistungen vom Jobcenter und hatten in dieser Zeit kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Das Teilhabechancengesetz macht es seit Jahresanfang möglich, dass Jobcenter Arbeitgebern, die Langzeitarbeitslose sozialversicherungspflichtig beschäftigen, bis zu fünf Jahre einen Lohnkostenzuschuss gewähren.

Kernelemente dieses Teilhabechancengesetzes sind zwei neue Paragraphen im Sozialgesetzbuch II: §16 e (Eingliederung von Langzeitarbeitslosen) und §16 i (Teilhabe am Arbeitsmarkt). 

Landrat Dr. Andreas Ebel begrüßt diese Förderinstrumente, um Menschen nach langjähriger Arbeitslosigkeit eine echte Chance auf den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt zu bieten: „Der Gesetzgeber hat hier Möglichkeiten geschaffen, die Arbeitgebern und langzeitarbeitslosen Personen die Hürden für das Eingehen eines zunächst befristeten, später eventuell dauerhaften Beschäftigungsverhältnisses so niedrig wie möglich zu legen.“ 

„Je länger man ohne Arbeit ist, desto schwieriger wird es, einen Arbeitgeber zu finden. Viele Menschen, die schon lange auf Grundsicherungsleistungen angewiesen sind und aktuell faktisch keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hätten, erhalten mit den neuen Fördermöglichkeiten nun eine echte Perspektive auf dauerhafte Erwerbstätigkeit“, weiß Andreas Standop, Geschäftsführer des Jobcenters Gifhorn und fährt fort: „Mit dem Paragraph 16i im Sozialgesetzbuch II ist es uns möglich, sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse mit der Übernahme von 100 Prozent der Lohnkosten abstufend über fünf Jahre zu fördern. Zusätzlich wird es dazu ein beschäftigungsbegleitendes- und vorbereitendes Coaching geben, das den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin unterstützt.“ Von dieser Förderung können Arbeitslose profitieren, die länger als sechs Jahre im Leistungsbezug sind und als arbeitsmarktfern gelten. Förderfähig sind Vollzeit aber auch Teilzeitstellen.

„Aber nicht nur Menschen, die länger als sechs Jahre bei uns im Leistungsbezug sind, können die neuen Förderinstrumenten nutzen. Der Paragraf 16e des Sozialgesetzbuches II ermöglicht es uns, Menschen bereits nach zwei Jahren im Leistungsbezug zu unterstützen. Hierbei werden im ersten Jahr 75 Prozent der Lohnkosten übernommen und im zweiten Förderjahr 50 Prozent. Auch hier gibt es während der Beschäftigung ein ganzheitliches beschäftigungsbegleitendes Coaching“, erläutert Andreas Standop. „In allen Fällen werden die Arbeitsaufnahmen durch ein intensives Coaching begleitet und sogar vorbereitet. Das soll helfen, dass die Stelle nicht nach kurzer Zeit wieder aufgegeben wird.

Für beide Förderinstrumente kommen private Arbeitgeber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, kommunale Arbeitgeber oder auch Beschäftigungsträger in Frage. Die Arbeitsplätze sind reguläre Arbeitsplätze, sie müssen nicht zusätzlich, gemeinnützig der wettbewerbsneutral sein. Die Menschen erhalten, je nach Arbeitgeber, entweder Tarif-Lohn wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist, oder den Mindestlohn. Auch Weiterbildungskosten im Rahmen des Arbeitsverhältnisses können übernommen werden.

Das Jobcenter Gifhorn arbeitet in diesem Bereich eng mit der Dachstiftung Diakonie und den Diakonischen Betrieben Kästorf als Arbeitgeber zusammen. Die Diakonischen Betriebe ermöglichen neun Langzeitarbeitslosen eine neue berufliche Perspektive. „Das Teilhabechancengesetz  ist ein vernünftiges Instrument, um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, das zeigen schon die Zahlen nach knapp einem Jahr“, betont Dr. Jens Rannenberg, Vorstand der Dachstiftung Diakonie. Die Kästorfer Qualifizierungsbetriebe haben den Auftrag, sozial benachteiligte Menschen auszubilden und zu qualifizieren und ihnen so die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Hier könnten noch weitere Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose angeboten werden. „Unser Portfolio reicht von handwerklichen bis industriellen Dienstleistungen, der Gartenbau ist ebenso dabei wie Küche oder Altenpflege. Das heißt, wir können den arbeitslosen Menschen ganz vielfältige Arbeitsbereiche anbieten, je nach ihren Qualifikationen und Wünschen“, erklärt Jens Severitt, Geschäftsführer der Diakonischen Betriebe.

Arbeitgeber, die sich informieren möchten, nehmen Kontakt zu ihrem Ansprechpartner im gemeinsamen Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit und des Jobcenters Gifhorn auf oder nutzen die kostenfreie Service Hotline für Arbeitgeber 0800 4 5555 20.

Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen und Interesse haben, melden sich für einen Beratungstermin bei ihrem Arbeitsvermittler oder ihrer Arbeitsvermittlerin im Jobcenter Gifhorn.

 

Hintergrund Teilhabechancengesetz

Die Bundesregierung hat sich im Rahmen des Koalitionsvertrages zum Ziel gesetzt, dass Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind, wieder eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt eröffnet wird. Hierfür wurde nun ein Gesetz auf den Weg gebracht, das die Aufnahme von zwei neuen Förderinstrumenten vorsieht. Das Gesetz ist zum 1. Januar 2019 in Kraft getreten.

Kernelemente des Teilhabechancengesetzes sind zwei neue Paragraphen 16 e und 16 i: „Teilhabe am Arbeitsmarkt“ und die „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“
Grundsatz ist die Förderung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen.


Teilhabe am Arbeitsmarkt, § 16 i, SGB II

Ziel: Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem allgemeinen oder sozialen Arbeitsmarkt für sehr arbeitsmarktferne Langzeitarbeitslose.

Wer wird gefördert? Menschen, die das 25. Lebensjahr vollendet haben und besonders lange – also insgesamt mindestens sechs innerhalb der letzten sieben Jahre – Regelleistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) beziehen. Für schwerbehinderte Menschen und erwerbsfähige Leistungsberechtigte mit Kindern in der Bedarfsgemeinschaft ist 5-jähriger Leistungsbezug als Fördervoraussetzung verankert.

Wie wird gefördert? Zuschuss zum Arbeitsentgelt im Rahmen der vereinbarten Arbeitszeit: In den ersten beiden Jahren Zuschuss von 100 Prozent zum Tariflohn; in jedem weiteren Jahr wird dieser Zuschuss um zehn Prozentpunkte gekürzt bei einer maximalen Förderdauer von fünf Jahren. Zudem wird ein pauschalierter Beitrag am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (ohne Arbeitslosenversicherung) gezahlt. Langzeitarbeitslose arbeiten in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung bei Arbeitgebern der Wirtschaft, in sozialen Einrichtungen oder bei Kommunen.

Begleitende Betreuung: Um die Beschäftigung zu festigen und zu stabilisieren, werden Teilnehmende und Arbeitgeber bei Fragen und Problemen durch begleitendes Coaching unterstützt und betreut, wenn erforderlich auch während der gesamten Förderung. Qualifizierung: In angemessenen zeitlichem Umfang durch erforderliche Weiterbildungen oder betriebliche Praktika bei anderen Arbeitgebern. Der Zuschuss kann bis zu 3.000 € für Weiterbildungskosten betragen.

 

Eingliederung von Langzeitarbeitslosen, § 16 e, SGB II:

Ziel: Frühzeitiger Ansatz zur Verhinderung länger andauernder Arbeitslosigkeit.

Wer wird gefördert? Erwerbsfähige Leistungsberechtigte die seit mindestens zwei Jahren arbeitslos sind.

Wie wird gefördert? Zuschuss zum Arbeitsentgelt für 24 Monate. Im ersten Jahr in Höhe von 75 Prozent und im zweiten Jahr in Höhe von 50 Prozent des regelmäßig gezahlten Arbeitsentgelts. Zudem wird ein pauschalierter Beitrag am Gesamtsozialversicherungsbeitrag (ohne Arbeitslosenversicherung) gezahlt. Gefördert werden sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse bei allen Arbeitgebern mit dem Ziel der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Flankierend zum Lohnkostenzuschuss erfolgt eine beschäfti-gungsbegleitende Betreuung ("Coaching"). Das Coaching kann während der gesamten Förderdauer erbracht werden. In den ersten sechs Monaten ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer für notwendiges Coaching freizustellen. Qualifizierungsmaßnahmen können bei Vorliegen der Fördervoraussetzungen nach den allgemeinen Vorschriften des SGB II in Anspruch genommen werden.