Tobias Heilmann vor dem Gifhorner Schloss. Foto: Landkreis Gifhorn

365 Tage im Amt: Rückblick und Ausblick mit Gifhorns Landrat Tobias Heilmann

veröffentlicht: am 31.10.2022     Presseinformation

Coronapandemie, Ukraine-Krieg und Moorbrand: Es war ein herausforderndes erstes Jahr für Gifhorns Landrat Tobias Heilmann. Am 1. November ist er seit 365 Tagen im Amt.

2022 - Ein weiteres Jahr mit der Coronapandemie, der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und damit einhergehende Fluchtbewegungen, Energiekriese: Wie beurteilen Sie den Verlauf des Jahres und die Umsetzung Ihrer Vorhaben?

Tobias Heilmann: Alle benannten Punkte sind Herausforderungen an uns als Gesamtgesellschaft, die der Verwaltung ein arbeitsreiches Jahr beschert haben. Ruhe ist nicht eingekehrt, auch beim meinem Start als Landrat im November 2021 ging es direkt voll los, es gab kein „erstmal reinkommen“ für mich. 

Ich bin der Meinung, dass dieses Jahr nur der Anfang der Energiekrise war. Hier werden sicher noch viele Herausforderungen auf die Gesellschaft und die Politik zukommen. Aus meiner Sicht braucht es vor allem schnelle Hilfen für diejenigen, die privat oder gewerblich in finanzielle Nöte kommen.

Auch wenn es nur ein kleiner Schritt ist, ist der Landkreis Gifhorn mit dem Energie-Einspar-Contracting dabei, den Energieverbrauch seiner Liegenschaften zu optimieren – z.B. mit ganz kleinen Dingen wie LED-Beleuchtung, aber auch dem Austausch von alten Heizungsanlagen. In den kommenden Jahren müssen wir gesamtgesellschaftlich innovative Wege finden, um den Energieverbrauch zu reduzieren.

 

Schon vor den Flüchtlingsströmen aus der Ukraine war die Unterbringung von Geflüchteten ein großes Thema, die Zuweisung von immer mehr Personen sorgt für eine angespannte Lage, oder?

Zunächst kann ich eine positive Bilanz nach dem ersten Monat, den wir als Kreisverwaltung die Gemeinschaftsunterkunft in Ehra-Lessien in Eigenregie betrieben, ziehen. Schon in kurzer Zeit konnten wir hier viele Verbesserungen erzielen und erhoffen uns, auch mit der Besetzung weiterer Stellen, weitere positive Entwicklungen.

 

Die Unterbringung aller Geflüchteten, die in unseren Landkreis kommen, ist ein Kraftakt und nur gemeinsam mit Gebietseinheiten und privatem Ehrenamt schaffbar. Solange wir konnten, haben wir das Thema in die eigene Hand genommen. Inzwischen sind unsere Zuweisungszahlen jedoch so hoch, dass alle mit anpacken müssen.

Bis hierhin kann ich einen riesigen Dank an alle Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer aussprechen, auf die Verlass ist und ohne die das nicht gehen würde.

Wir und die Kommunen sind weiter auf der Suche nach langfristigen Unterbringungslösungen: Nicht nur aus der Ukraine kommen weiterhin Menschen und suchen nach Sicherheit in Deutschland, auch aus vielen anderen Nationen sind aktuell Flüchtlingsströme zu verzeichnen – das geht beim Fokus auf die Ukrainer*innen oftmals unter.

 

Die Unterbringung der Geflüchteten ist weiterhin nur ein Teil, verbunden mit der Aufnahme der Menschen sind auch Unterstützungen bei Behördengängen, medizinische Versorgung und auch die psychosoziale Betreuung von geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Eine große Hilfe dabei ist das Projekt „Gifhelp“, welches wir als Kooperation mit der Volksbank BraWo und der Dachstiftung Diakonie zur Unterstützung von geflüchteten Kindern und deren Familien realisieren können.

 

Welche Projekte haben Sie 2022 auf den Weg bringen können?

Eines meiner Hauptanliegen ist der Ausbau des Landkreises Gifhorn als attraktiver Wirtschaftsstandort. Dazu haben wir in diesem Jahr eine Wirtschaftsstrategie mit passender Neustrukturierung der Wirtschaftsförderung beauftragt. Ein wichtiger Teil der Analyse ist eine breit angelegte Online-Unternehmensbefragung. Die Unternehmen in unserem Landkreis sind unsere wichtigsten Experten. Es ist uns sehr wichtig zu erfahren, wie sie den Standort einschätzen und welche Bedürfnisse sie haben. Nur so können wir sie optimal unterstützen. Wir wollen wissen, wo ihre Herausforderungen liegen und wo sie Chancen für die Zukunft sehen. Die Auswirkungen der Energiekrise und der Corona-Pandemie, zukünftige Fachkräfte- und Flächenbedarfe sind ebenso Inhalt der Umfrage wie die Frage nach der Zufriedenheit mit der Wirtschaftsförderung.  Am Ende wollen wir eine praktikable Wirtschaftsstrategie haben, die für Jahre unser Leitfaden ist und eine darauf abgestimmte Wirtschaftsförderungs-Organisation. Der umfangreiche Prozess läuft voraussichtlich bis August 2023.

Eine der wichtigsten Aufgaben für die Attraktivität unseres ländlich geprägten Landkreises sind unsere Fachkräfte, die auch morgen noch gute und auskömmliche Jobs brauchen.

 

Welches Ereignis hat Sie überrascht?

Den größten Schreck in meinem ersten Jahr als Landrat hat mir der Moorbrand im Großen Moor um Juli eingejagt. Als ich die Nachricht erhalten habe, hatte ich direkt Bilder aus 1975 und dem Moorbrand im Emsland 2018 im Kopf. Dank der herausragenden Zusammenarbeit der Feuerwehren, DRK, THW und Bürgerinnen und Bürger konnte zum Glück Schlimmeres verhindert werden.

 

Gab es zwischen all den Herausforderungen auch erfreuliche Nachrichten, die Sie erreicht haben?

In meinen ersten Monaten als Landrat habe ich alle Abteilungen an allen Standorten der Kreisverwaltung persönlich besucht. Begegnet bin ich dabei einer motivierten Verwaltung mit tollen Kolleginnen und Kollegen. Bei Terminen und Gesprächen im ganzen Landkreis treffe ich auf Menschen mit vielen innovativen Ideen und erhalte viele Einblicke – dieser Teil meiner Arbeit macht mir sehr viel Spaß.

Wahnsinnig stolz machte mich das ehrenamtliche Engagement der Menschen aus dem Landkreis Gifhorn im Zusammenhang mit dem Flüchtlingszustrom aus der Ukraine. Es tut sehr gut zu wissen, so viele hilfsbereite Menschen unter uns zu haben, die gemeinsam so viel erreichen können.

Erfreulich für mich war nach den Pandemiejahren außerdem auch, dass wir endlich wieder zusammenkommen konnten. Zum Beispiel konnte das Unser Aller Festival in diesem Jahr endlich wieder stattfinden, Livemusik haben viele von uns vermisst. Ich freue mich schon auf das Unser Aller Festival 2023, drei Konzerte werden auch wieder im Hauptsitz der Verwaltung auf dem Schlosshof in Gifhorn stattfinden. Zusammenkommen war auch das Stichwort bei der ersten „Ehrensache – Die Messe rund ums Ehrenamt“. Ich war begeistert auf einem Fleck zu sehen, wie viele Möglichkeiten für ehrenamtliches Engagement es im Landkreis gibt und wie viele Interessierte vorbeigekommen sind. Ich hoffe auch im Nachgang sind hier dauerhafte Verbindungen entstanden.

Erstmals konnten wir als Verwaltung zudem auch wieder Mitarbeitersommerfest feiern, viele Kolleginnen und Kollegen haben sich in den letzten Jahren nur via Telefon und Videokonferenz gehört und gesehen, dieser Nachmittag im Schloss war ein Wiedersehen und ein Dank an alle, die angesichts der aktuellen Krisen unermüdlich gearbeitet haben.

 

Wie sehen Sie die gesellschaftliche Lage im Landkreis Gifhorn?

Es ist mir wie eingangs erwähnt ein großes Anliegen angesichts der aktuellen Inflation und Energiekrise Unterstützung zu bieten, deshalb hat die Kreisverwaltung einen „Runden Tisch zur Abfederung sozialer Härten“ und eine Arbeitsgruppe „Energiesparen“ gegründet und arbeitet gemeinsam intensiv an Hilfsangeboten. Nicht vergessen dürfen wir auch die  Verlierer der Corona-Pandemie: Ich möchte unsere Kulturbranche stärken und den Tourismus ankurbeln. Der Landkreis Gifhorn ist ein Lieblingsort.  

 

Wofür hatten Sie 2022 privat keine Zeit?

Meine Familie steht in meiner Freizeit im Fokus. Auch für die Jagd und meine besten Freunde nehme ich mir Zeit. Meine Kinder sind bereits erwachsen und brauchen mich zum Glück nicht mehr jeden Tag. Ich erfahre einen großen Rückhalt aus meiner Familie, auch wenn ich oft erst spät zu Hause bin.

 

Welche Investitionen sind für 2023 im Haushalt des Landkreises vorgesehen?

Das Investitionsprogramm des Landkreises umfasst für das kommende Jahr unter anderem: 600.000 Euro für die Ausstattung der Schulen, 3,7 Millionen Euro für Baumaßnahmen an Schulen und Verwaltungsgebäuden Dazu gehören insbesondere der Neubau der Förderschule Geistige Entwicklung in Meinersen und des Kompetenzzentrums BBS I.

5,9 Millionen Euro für den Straßen- und Radwegebau einschließlich der Ausstattung der Kreisstraßenmeistereien sowie 800.000 Euro für die Errichtung des Wertstoffhofs in Ausbüttel und der Recyclingstation in Wesendorf. Das ist ein positiver Blick in die Zukunft im Landkreis Gifhorn.

 

 

Ihre Wünsche für 2023? Welche Ziele wollen Sie angehen?

Ich möchte daran arbeiten neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu akquirieren und damit

Abhilfen zu schaffen für die hohe Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen der Verwaltung. Vorantreiben möchte ich zudem die Digitalisierung der Angebote der Verwaltung im Rahmen des „OpenKreishaus“. Die Verwaltung kommt dabei zur Bürgerin und zum Bürger, das bedeutet weniger Wege und weniger Papier – wir leben in einer Zeit, in der solche Services selbstverständlich werden sollten.

Außerdem hoffe ich, dass im kommenden Jahr alle kreisangehörigen Schulen, die noch keinen Glasfaseranschluss erhalten haben, diesen bekommen.