Interview mit Amtsarzt Josef Kraft zu Abstrichen und Antikörpertests

veröffentlicht: am 08.06.2020     Presseinformation

Josef Kraft, Amtsarzt im Gesundheitsamt Gifhorn, beantwortet aktuelle Fragen rund um das Corona-Virus.

Wie sind die Infektionszahlen im Landkreis Gifhorn zu deuten?

Im Landkreis Gifhorn haben wir bisher glücklicherweise noch keinen exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen in Bezug auf das Corona-Virus verzeichnet. Vergleichsweise ist die Zahl derjenigen, die positiv auf das Corona-Virus getestet wurden oder leider im Zuge einer Coronainfektion verstorben sind, gering. Diese Tatsache stimmt mich hoffnungsvoll, dass wir hier im Landkreis Gifhorn gut gerüstet sind und gemeinsam die Verbreitung des Corona-Virus eindämmen können. Das zeigt auch das aktuelle Beispiel der Unterkunft in Ehra-Lessien. Dort hat es uns sehr geholfen, dass wir alle Kontaktpersonen direkt mit Bekanntwerden des ersten Verdachts testen konnten und bereits einen Tag später die Ergebnisse erhalten haben. So konnten wir vorsorgliche Maßnahmen treffen, um die Infektionsketten auf dem Gelände zu unterbrechen und sind sehr schnell in das Recherchieren von weiteren Kontaktpersonen eingestiegen. 
Allerdings zeigen die Infektionszahlen generell, wie wichtig es ist, Abstand zu halten und sich diszipliniert zu verhalten. Ich bin sehr froh, dass viele Bürgerinnen und Bürger, die Einschränkungen im öffentlichen und privaten Raum akzeptieren und vorbildlich mit der Situation umgehen.


Was ist aus Ihrer Sicht gerade die wichtigste Maßnahme?

Diese Zeit erfordert von uns allen sehr viel Geduld. Und dennoch ist genau das nach wie vor wichtig. Das Land Niedersachsen erlässt etwa alle zwei Wochen neue Maßnahmen, die wir im Landkreis Gifhorn aufnehmen und teilweise noch detaillierter auslegen. Aus medizinischer Sicht sind die kurzen Intervalle, in denen es Änderungen gibt notwendig. Aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger kann das jedoch zu Verwirrung führen, weil einige Regeln sehr detailliert beschrieben sind, andere weniger. Was jedoch in allen Verordnungstexten zu finden ist, ist das Gebot der Stunde: Abstand halten. So schwer es fällt, ist der beste Schutz weiterhin, seine persönlichen sozialen Kontakte zu reduzieren. Nur wenn der Kreis derjenigen, die sich treffen, klein bleibt, können Infektionsketten unterbrochen werden und das Corona-Virus breitet sich weniger aus. 


Inwiefern helfen Abstriche bei der Bekämpfung des Corona-Virus?

Die Abstriche sind von Anfang an sehr wichtig gewesen. Auch im Gesundheitsamt Gifhorn haben wir sehr früh damit angefangen, Kontaktpersonen auf das Corona-Virus zu testen und Quarantänen auszusprechen. Allerdings muss man auch wissen, dass ein Abstrich keine therapeutische Maßnahme ist. Das bedeutet, das positive Testergebnis ist keine Behandlung gegen die Infektion. Der Abstrich ist nur eine Momentaufnahme und dient dazu, einen Verdacht zu bestätigen oder auszuräumen und daraufhin geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Bei einem positiven Testergebnis folgt in der Regel die Quarantäne der Testperson. Außerdem recherchiere ich gemeinsam mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern akribisch mögliche Kontaktpersonen, um so schnell wie möglich Infektionsketten zu unterbrechen. Der Abstrich dient also eher dem Schutz der Mitmenschen, als der betroffenen Person selbst. 


Nach welchen Kriterien erfolgt ein Abstrich?

Wir befolgen von Anfang an die Kriterien, die das Robert-Koch-Institut (RKI) vorgibt. Diese besagen aktuell, dass wir Personen testen, die typische Symptome aufweisen, auch wenn sie keinen nachweislichen Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatten. Wichtig ist allerdings, dass sich jeder vorab bei seinem Hausarzt meldet, der dann einen Abstrich anweist, wenn er ihn nicht selbst durchführen kann. Alle Abstriche, die wir im Gesundheitsamt Gifhorn begründet durchführen, gehen an das Niedersächsische Landesgesundheitsamt und werden dort ausgewertet. Wir erfahren spätestens am nächsten Tag das Ergebnis und können dann entsprechend weitere Maßnahmen einleiten. 

Und worin besteht der Unterschied zu Antikörpertests?

Was den Antikörpertest ganz wesentlich von einem Abstrich unterscheidet ist, dass ein Antikörpertest erst etwa zwei Wochen nach einer vermeintlichen Infektion durchgeführt werden kann. Mittels dieses Tests soll nachgewiesen werden, ob sich im Körper bereits Antikörper gegen das Corona-Virus gebildet haben. Die Genauigkeit der Testergebnisse ist allerdings aktuell noch nicht so zuverlässig. Deswegen warnen wir davor, falsche Schlüsse aus dem Ergebnis zu ziehen. Ebenfalls ist noch nicht genau erforscht, ob eine Infektion mit dem Corona-Virus und die Bildung von Antikörpern tatsächlich vor einer weiteren Infektion mit dem Virus schützt. Bürgerinnen und Bürger, die trotzdem einen solchen Test durchführen möchten, können sich bei ihrem Hausarzt melden. Dieser ist aber noch nicht verpflichtet, einen Antikörpertest zu machen. Ebenfalls ist noch nicht geklärt, ob in jedem Fall die Krankenkasse diese Leistung übernimmt.


Was geben Sie den Bürgerinnen und Bürgern für die nächste Zeit mit auf den Weg?

Ganz wesentlich ist, sich nicht in falscher Sicherheit zu wiegen. Ein negativer Abstrich bedeutet nicht, dass die Infektion mit dem Corona-Virus einige Tage später trotzdem stattfinden kann. Genauso ist ein Antikörper-Test kein Freifahrtschein, die Kontaktbeschränkungen und Abstandsregelungen zu missachten oder der Pflicht eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen nicht nachzukommen.

Leider weiß niemand von uns, wie sich das Corona-Virus tatsächlich weiter ausbreitet und entwickelt. Daher ist sehr schwer vorherzusagen, welche Maßnahmen gelockert oder verschärft werden. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist wirklich die wichtigste Regel Abstand zu halten. So können wir uns selbst und auch unsere Mitmenschen am besten schützen. Wir sollten im Landkreis Gifhorn zusammen dafür Sorge tragen, dass sich das Corona-Virus nicht weiter ausbreitet.