„Die Coronakrise stellt Mütter und Väter vor eine besondere Herausforderung.“

Interview mit Grazyna Rottach, fachliche Leitung der Erziehungsberatung Gifhorn

Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus stellen uns alle vor Herausforderungen. Besonders betroffen sind aber Eltern von Kita- oder Schulkindern. Kinder müssen weiterhin betreut werden, die berufliche Tätigkeit will organisiert sein und auch der Alltag muss erledigt werden. Die wichtigsten Fragen rund um das Beratungsangebot für Familien in Zeiten des Coronavirus beantwortet Grazyna Rottach, fachliche Leitung der Erziehungsberatung Gifhorn. Der Landkreis Gifhorn hat die gesetzlich vorgeschriebene angebot einer Erziehungsberatung an die Erziehungsberatungstelle Gifhorn in freier Trägerschaft vergeben. 

Was ist die Aufgabe der Erziehungsberatung?
Wir beschäftigen uns mit allen Fragen rund um das familiäre Zusammenleben und die kindliche Entwicklung bis ins frühe Erwachsenenalter und bieten entsprechende Beratungsangebote an. Dabei richtet sich unser Angebot nicht nur an die Erziehenden, sondern auch an die Kinder und Jugendlichen. Außerdem stellen wir eine Vernetzung zu verschiedenen sozialen Einrichtungen her.

Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Unser Fokus liegt vor allem auf dem Wohl des Kindes. In erster Linie versuchen wir Ängste und Sorgen zu nehmen und passende Lösungswege aufzuzeigen. Der Erziehungsberatung ist es dabei besonders wichtig, mit den Familien zu arbeiten, um individuelle Methoden zu entwickeln. Es geht nicht darum, Familien in ein starres Beratungsmuster zu zwingen.

Wer nimmt sich meiner Fragen an? Mit wem genau spreche ich bei der Erziehungsberatung Gifhorn?
Bei uns in der Beratungsstelle haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens eine therapeutische bzw. psychotherapeutische Zusatzausbildung. Hier arbeiten Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Psychologinnen und Psychologen, Pädagoginnen und Pädagogen sowie Kinder- und Jugendpsychotherapeutinnen und -therapeuten. Die Beratung ist vertraulich, kostenfrei und freiwillig, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterliegen der Schweigepflicht.

Wie ist die Beratungsstelle Gifhorn organisiert?
Wir gehören dem Verein „Beratung für Familien, Erziehende und junge Menschen e.V.“ in Braunschweig an. Unser Beratungsangebot gehört zu den „Hilfen zur Erziehung“ und steht jedem Erziehenden und allen Jugendlichen offen. Das Besondere ist, dass die Hilfe auch ohne vorherigen Antrag gewährt wird.

Wann und wie ist die Erziehungsberatung zu erreichen?
Aufgrund der aktuellen Situation rund um das Coronavirus bieten wir nur in besonderen Notfällen eine persönliche Beratung an. Der erste Zugang ist aktuell telefonisch. Wir sind unter der Telefonnummer 05371/16569 von Montag bis Donnerstag in der Zeit von 9 – 12 und 14 – 17 Uhr sowie freitags von 9 - 12 und 14 -16 Uhr erreichbar. Nach einer telefonischen Anmeldung erfolgt in der Regel ein Rückruf am selben Tag.
Außerdem bieten wir weiterhin die offene Sprechstunde an, in der ohne Anmeldung mit einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter telefoniert werden kann. Die offene Sprechstunde findet jeden Dienstag von 8 - 10 Uhr und jeden Mittwoch von 16 - 18 Uhr statt.
Darüber hinaus kann auch unsere Hotline unter der Telefonnummer 0178/1114301 angerufen werden. Montags bis freitags ist von 14:00 bis 16:00 Uhr direkt eine fachliche MitarbeiterIn erreichbar.

Sie sprachen das Thema Coronavirus gerade selbst an. Was hat sich durch das Virus verändert? Werden nun vermehrt Fragen zu anderen Themen gestellt?
Natürlich haben die Maßnahmen auch auf uns Auswirkungen. Wie erwähnt sind zurzeit persönliche Termine kaum möglich. Dafür haben wir unser telefonisches Angebot ausgeweitet und bieten auch Beratungen per E-Mail oder Videochat an.
Thematisch werden beispielsweise Fragen rund um das Homeschooling gestellt. Die Eltern geraten im Balanceakt zwischen Homeoffice und Kinderbetreuung zunehmend an ihre Grenzen. Untersuchungen zeigen, dass allen Eltern die Wahrnehmung der durch die Schule vergebenen Aufgaben extrem wichtig ist. Allerdings haben nicht alle Familien gleiche mediale und zeitliche Möglichkeiten. Klar ist: Das Zuhause ist keine Schule und die Schule kein Zuhause. Klare Regeln sind für alle unabdingbar, um gut durch diese Zeit zu kommen. Wir von der Erziehungsberatung sind dann gerne für die Familien dar, um die konkrete Situation zu beleuchten und neue Wege aufzuzeigen. Gerade in Coronazeiten können wir auch Tipps und Hinweise geben oder konkrete Fragen beantworten. Trotzdem sind wir froh, dass der Stufenplan der Niedersächsischen Landesregierung auch die schrittweise Beschulung wieder möglich machen soll.

Stellt das Coronavirus auch besonders Alleinerziehende vor Herausforderungen?
Ja, Alleinerziehende sind im Wesentlichen die Gruppe, denen die Coronamaßnahmen besonders zusetzt – wobei natürliche jede Familie ihren Alltag anders organisieren muss. Als alleinerziehendes Elternteil ist es jedoch schon unter normalen Umständen nicht einfach Familie, Haushalt und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Besonders kleine Kinder können sich nur kurzzeitig alleine beschäftigen. Eltern kommen jetzt noch schneller an ihre sozialen, emotionalen und finanziellen Grenzen. Das ist in vielen Fällen ein hoher Druck für jedes Elternteil, welcher schnell zu psychischen Symptomen wie Schlafprobleme, Müdigkeit und Gereiztheit führen kann.
Als Erziehungsberatung ist es wichtig zu vermitteln, dass es keine Schwäche ist, sich in solchen Situationen Hilfe und Beratung zu holen. Wir stehen für alle Fragen zur Verfügung und wollen gemeinsam mit der Familie den richtigen Weg finden.

… und Trennungskinder?
Trennungskinder sind die andere Seite der Medaille. Neben den bereits genannten Problemen stellt sich schnell die Frage, ob ein Kontaktverbot auch den Besuch des Kindes beim anderen Elternteil verhindert. Das ist zum Glück nicht der Fall. Für eine gesunde Entwicklung des Kindes ist regelmäßiger Kontakt zu beiden Elternteilen unabdingbar.
Wir informieren über Rechte des Kindes, führen nach Möglichkeit mit beiden Eltern Gespräche, um Sorgen zu verstehen und zu verringern. Dabei liegt unser Fokus vor allem auf dem Wohl des Kindes. Wir versuchen, dass Eltern sich auf eine für das Kind zufriedenstellende Umgangsregelung einigen, ohne ein Gericht einbeziehen zu müssen. Aus unserer Erfahrung sind Eltern sehr an einer für das Kind positiven Lösung interessiert.

 

Weitere Informationen zur Erziehungsberatung Gifhorn sind auf der Internetseite des BEJ unter www.b-e-j.de erhältlich.